Wie ich schon mehrfach erwähnt habe, baute auch unser Stiefvater langsam ab. Seine Krankheit schritt plötzlich noch schneller voran.
Als wir unsere Mutter im November beigesetzt haben, sah man seinen körperlichen Abbau schon. Immer wieder sprachen wir
darüber, dass doch mal Vorsorge getroffen werden müsste. Er wollte sich um einen Termin bei der Bank und beim Notar kümmern. Aber immer wieder schob er es vor sich her.
Entweder hat er es tatsächlich vergessen oder er wollte es nicht wahr haben.
Eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht gab es schon. Aber keine Generalvollmacht.
Eigentlich bekam er selber zu spüren, wie es ist wenn man keine Generalvollmacht hat, als seine Frau starb. Aber trotzdem ließ er es schleifen bis es zu spät war.
.... wurde es immer schlimmer. Wie ich schon erwähnte, war er inzwischen auch im Heim untergebracht. Nach dem Tod unserer Mutter bekam er noch ein anderes Zimmer. Den Umzug bewältigte das Pflegepersonal trotz aller Kraftanstrengungen durch die Pandemie. Nun hatte er ein Zimmer mit Balkon.
Dieses Zimmer verließ er dann immer seltener. Kein Skat mehr, keine Unterhaltungen mit Bewohnern mehr. Er zog sich immer mehr zurück. Weihnachten waren wir auch bei Ihnen und ein paar Tage später wurde der Rettungsdienst das erste Mal gerufen.
Zum Jahreswechsel war er wieder im Heim um im Januar immer wieder ins Krankenhaus zu müssen. Am 19.1.2022 folgte er unserer Mutter.
Es gibt wohl unterschiedliche Arten zu Trauern
Nach dem Tod unserer Mutter habe ich trotzdem weiter gearbeitet. Einfach nur zu Hause sitzen konnte ich nicht. Ich habe versucht unserem Stiefvater über die schwere Zeit zu helfen. Wollte aber unseren Vater nicht vernachlässigen - auch wenn er ganz entspannt tat, ging es ihm bestimmt auch an die Nieren, dass seine Ex-Frau plötzlich nicht mehr da war.
Nachdem unsere Mutter und Stiefvater ihr zu Hause verlassen haben, mussten alle Habseligkeiten und Unterlagen gesichert werden. Das alles ins Heim zu bringen war nicht möglich. Also habe ich erst mal alles in meiner Wohnung und im Keller gebunkert.
Die Unterlagen nahm ich mit nach Hause um sie zu sichten und auszumisten. Was davon übrig blieb kam dann zu ihm ins Heim.
Es folgten dann Dinge wie Briefe versenden und Nachsendeantrag stellen, Behördendinge, Zimmer im Heim auflösen und vieles andere mehr.
Trotz meiner Vorarbeit gab es nach seinem Tod wieder einiges zu tun. Offensichtlich hatte seine Krankheit auch Auswirkung auf sein Denken.
Es passierten Dinge, die er früher nicht gemacht hätte.
Bei aller Trauer überkommt mich auch Wut über sein Wirken in den letzten Wochen.
Einen schwachen Trost gibt es
Auch er war nicht allein, als er starb. Vormittags war ich noch im Krankenhaus um mit den Ärzten zu sprechen - dann fuhr ich zur Arbeit.
Nur wenige Stunden später bekam ich auf der Arbeit den Anruf aus dem Krankenhaus mit der Aussage, dass es wohl zu Ende geht und der Frage ob ich kommen kann.
Natürlich bin ich hingefahren und saß dann mehrere Stunden an seinem Bett. Zwischendurch sahen die Schwestern und Ärzte nach ihm und gaben ihm etwas gegen die Schmerzen. Bis der Monitor eine
Null-Linie anzeigte.
Nachdem sie ihn ein wenig zu Recht gemacht hatten, durfte ich Abschied nehmen.
Die Schwester sagte dann noch: Öffnen Sie bitte das Fenster damit die Seele gehen kann.
Ich habe jetzt den Part der Nachlassregelung übernommen. Und es ist sehr, sehr schwer sich um alles zu kümmern wenn man nicht die entsprechende Vollmacht vorweisen kann. Vieles ist nur mit Vorlage der Sterbeurkunde möglich. Und bis die da ist - es kommt einem ewig vor.
Am Mittwoch haben wir ihn zu unserer Mutter gebracht.
Passende Worte zum Abschied unseres Stiefvaters fand wieder unsere Trauerrednerin Sandra Lutz.